Heute schon mit dem NDR GEZofft?

ein Artikel aus der VIP! 27, S.33
Erscheinungsdatum: Dezember 2000

 

 

Es gibt wohl kaum eine Institution, über die ich mich während meiner Studienlaufbahn mehr echauffiert habe, als über den Norddeutschen Rundfunk. Genauer gesagt über den Teil, der sich nun seit 1997 für die Eintreibung der Rundfunkgebühren in hiesigen Gefilden verantwortlich zeigt.

Eigentlich traurig, wenn man bedenkt, dass Rundfunkgebühren und Studium ja so unmittelbar gar keinen Zusammenhang zu haben scheinen. Andererseits lustig, wenn man sich einmal vor Augen führt, was für Absurditäten sich der NDR da eigentlich erlaubt.

Aber der Reihe nach. Natürlich geht es um das Thema der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht, die sicher für die meisten von euch ebenfalls ein Thema ist. Für einen Grossteil von euch wird ein entsprechender Antrag ähnlich erfolglos gewesen sein, als wie das bei mir zuletzt der Fall war.

Fakt ist, dass zu Zeiten, in denen, die Bearbeitung der Anträge noch über das Sozialamt lief, klare Bestimmungen existieren, d.h. lag man unter einem bestimmter Summe, die einem - Miete ausgenommen - zum Leben im Monat bleibt, so wurde man befreit. Bei besagter Summe handelt es sich um etwas über 800 Mark. Ein Beitrag, der definitiv für einen hohen Prozentsatz der Studierenden zutreffen dürfte.

Seit nun aber der NDR das Regiment übernommen hat (und wohlgemerkt prinzipiell die gleichen Regelungen gelten), weht ein deutlich schärferer Wind. Die Anträge werden zwar nach wie vor bei der Stadt Lüneburg abgegeben. Was der NDR daraus macht, bleibt aber diesem überlassen.

Eine gewisse Kreativität ist den Jungs und Mädels dabei nicht abzusprechen. Eine Grundregel bleibt jedoch immer gleich: Aussitzen! Eingereichte Anträge werden zunächst drei Monate abgelegt. Dass dies aus Personalmangel geschieht, wage ich sehr zu bezweifeln. Eher handelt es sich hier um klar berechnetes Kalkül. Ein Grossteil der Antrageinreichenden verliert in dieser Zeit schon völlig die Übersicht. Zudem ist man natürlich - solange der Antrag noch läuft - trotzdem und ausdrücklich zur Zahlung verpflichtet.

Nach Ablauf der "Wartezeit" gibt es dann erst einmal eine Absage. Mir ist kein Fall bekannt, bei dem ein Antrag sofort akzeptiert worden wäre. Versuchte es der NDR vor ein oder zwei Jahren noch mit der Argumentation, dass ja die Eltern für einen aufkommen müssten und daher auch die Rundfunkgebühren für ihre Kinder zu entrichten hätten (was völliger Humbug ist und sogar per Gerichtsurteil unterbunden wurde), wird nun festgestellt, dass die nötigen Unterlagen nicht vollständig eingereicht wurden. Natürlich waren diese vom Umfang her völlig identisch mit denen vom Vorjahr.

Gut, sagt man sich, "so nicht" und hebt Widerspruch ein. Wer das selbst noch nie mitgemacht hat, kann sich sicher denken was die Wochen darauf passiert: nämlich erst einmal nichts! Das übliche Wir-warten-bis-zur-nächsten-Sonnenfinsternis-Spiel beginnt. Kleine Details wie die Tatsache, dass im Absageschreiben keinerlei Telefonnummer oder Emailadresse für eventuelle Nachfragen angegeben ist, erheitern den Protestierenden zusätzlich.

Wieder drei oder mehr Monate später. Siehe da, ein erneutes Schreiben des NDR. Diesmal werden einfach kategorisch sämtliche Angaben angezweifelt. Es liegt ein Fragebogen bei, der die Dicke eines Telefonbuches nicht zu scheuen braucht. Hier wird so ziemlich alles an finanziellen und auch privaten Informationen abverlangt, was man sich nur vorstellen kann. Und um die Sache zu verkomplizieren, fordert man nun die Zahlen des aktuell laufenden Jahres (auf der anderen Seite schon fast trivial, sind doch seit Antragstellung schon Monate vergangen) und nicht mehr des vergangenen Jahres, wie dies noch bei der ersten Beantragung der Fall war.

Tja, lieber NDR, warum fordern wir da nicht gleich beim ersten Anlauf die erforderlichen Daten an? Besonderen Spass bereitet freilich auch das Ermitteln exakter Einkünfte für ein laufendes Jahr. Schätzungen sind hier an der Tagungsordnung. Genügend Gründe für Ablehnungen aufgrund erheblicher Zweifel von Seiten des NDR.

Aufgrund dieser geschilderten, bisherigen Erfahrungen (und dies ist eigentlich nur ein kompakter Ausschnitt der wesentlichen Punkte), wird glaube ich die Hinhaltetaktik schon ganz gut deutlich. Mit jeder Verzögerungsstufe mehr, springen wieder viele Studenten ab, die einfach entnervt aufgeben und sich dem NDR und damit der Zahlung von Rundfunkgebühren unterwerfen.

Nicht aus eigener Erfahrung, aber aus anderer Zeitungsquelle ist mir zudem zu Ohren gedrungen, dass ausländische Studierende grundsätzlich nicht befreit werden sollen, weil diese angeblich keinen Anspruch auf eine solche Leistung haben. Ebenfalls ein ganz schöner Hammer, wie ich finde.

Ich kann daher nur an euch alle appellieren, besonders freilich an die jüngeren Semester, die diesen Zirkus noch nicht mitgemacht haben, haltet durch und geigt denen im Schriftverkehr auch mal ordentlich eure Meinung. Denn schliesslich baut der NDR darauf, dass die meisten diese Handhabung hinnehmen und regt sich eurerseits kein Widerstand, wird sich in absehbarer Zeit auch kaum etwas an dieser Praxis ändern.

Monte Miersch