"How-to" Rocking Houston

Notizen eines USA-Novizen
So, 6.10.2002

 

 


Amerikanische Folklore

 

 


San Antonio Downtown

 

 


S.A. - River Center

 

 


Auch hier bin ich

Eigentlich wollte ich heute ja gar nichts von mir geben. Seit geraumer Zeit bin ich mit mehr Hausarbeiten eingedeckt als mir lieb ist. Aber man muss ja Prioritäten setzen. Und da Onkel George den 6.Oktober zum Deutsch-Amerikanischen Tag erklärt hat, können die heutigen 24 Stunden nicht ohne Tagebuch-Eintrag bleiben.

Ja, da hat sich der Mann mit dem Double-U also mal kurz überlegt, ich als Held der Neuzeit, habe jetzt genug geschmollt und geh mal weltweit ein bisschen auf Schmusekurs. Mal eben bei ein paar afrikanischen Staaten punkten und - ach ja - da waren ja auch noch diese Deutschen da auf der anderen Seite des weiten Wassers. Irgendwo zwischen uns und unseren künftigen Ölförderfeldern. Da sollte man vielleicht doch mal wieder schleimen. Gesägt, getun, getan. Zack, deutsch-amerikanischer Tag.

Was bedeutet dies jetzt für den normalsterblichen Tastaturhacker in den Vereinigten Staaten? Er muss mit gutem Beispiel vorangehen, klar! Um eine schier unendliche Verbundenheit auszudrücken, schien mir die Einnahme eines typischen amerikanischen Dinners durch einen inmitten Deutschland Geborenen gerade angemessen.

Viertel vor neun, kurz bevor die Rollläden heruntergelassen werden, begab ich mich, um mein ultimatives abendliches Festmahl einzunehmen. Auf zum Grill! Leider hatte ich die Rechnung ohne das hiesige College Football Team gemacht. Und ich spreche hier nicht von den Cheerleadern, sondern von den Spielern. Die waren leider vor mir dran und orderten erstmal den Laden leer. Nur mühsam konnte ich zwischen den breiten Gestalten hindurchspähen, um mir ein Bild von der Auslage zu machen. Ja da, die Chicken Wings, das wär was für mich, da sind noch ein paar über... meine Hoffnungen zerplatzten wie der Lorbeerblatt-Gourmet in Monty Pythons Sinn des Lebens. John "The Wall" Johnson dachte sich, ach komm Chef, pack mir die zum Knabbern auch noch ein. Hab ich morgen gleich was zum frühstücken.

Keine Hühnerflügel also mehr für mich. Ich grübelte, ob ich mich kurz zu Wort melden sollte. Ob da auf Basis des deutsch-amerikanischen Tages vielleicht noch was machbar wäre. Nein, ich musste einsehen, dass ich hier schon einige Yard Raumverlust zu verzeichnen hatte. Hier musste eine neue Taktik her, etwas ganz neues. Als Vater der Strategie entschied ich mich zu einem Überraschungsspielzug, als ich mit meiner Bestellung an der Reihe war. "Die Combo One biddschön!!" - Hamburger mit Pommes!

Wenn das nicht genial war, weiss ich auch nicht. Deutsche Stadt, amerikanisches Essen. Ich klopfte mir gerade selbst auf die Schulter, da klopfte mir der freundliche Kollege auf der anderen Seite des Tresens mein Futter in die übliche Styroporpackung. Ob man sein Essen direkt an Ort und Stelle verspeisen möchte, oder man es lieber "to go" hätte, danach fragt hier auch schon keiner mehr. Wäre ohnehin überflüssig, denn Student von Amiwelt lässt es sich ohnehin immer gerne einpacken, um es dann doch gleich an einem Tisch anderthalb Meter von der Kasse entfernt zu verspeisen. Vorsichtig hob ich den Deckel meiner vitaminhaltigen Nahrung etwas an. Zwei Brötchenhälften nebeneinander, auf einer liegt etwas Hackfleisch. Oh cool, ein Hamburger-Bausatz! Gibt es dazu auch ein Salatblatt? Vielleicht ein Tomatenscheibchen? Ein Lorbeerblatt??

Nein! Auch das Stochern zwischen meinen French Fries förderte nichts derartiges zu Tage. So blieb mir nur das Hinzufügen etwas scharfer Sauce aus der bereitgestellten Saucenbar, fertig war der Hamburger. Yummy! Andererseits wäre es vielleicht auch zu gesund, Salatblätter dazwischen zu legen. Mein Blick schweifte zum Quarterback, der gerade damit beschäftigt schien, seine erhaltenen Speisen in diversesten Tüten zu verstauen - sollte das etwa das Geheimnis sein? Hamburger ohne Salat und Tomate? Ohne alles? Und schon wird man fünfmal so breit wie vorher? Mein erster Burger scheint noch nichts gebracht zu haben, aber darüber sollte man sich an einem Tag wie diesem, dem Tag, an dem wir der Freundschaft zweier Völker gedenken, auch nicht zu intensive Gedanken machen.

Monte Miersch

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